Interview
mit Prof. Dr. Karl
Im Folgenden könnt ihr euch ein Interview von eurem Professor Dr. Helmut Karl durchlesen. In welchem spannende Fragen zu seinem Fachbereich, aber auch zu seiner Person gestellt wurden. So lernt ihr ihn besser kennen.
Ich habe einen Abschluss in BWL an der Fachhochschule gemacht, damals bezeichnete man das als Betriebswirt. Nach dem Zivildienst habe ich viel im Krankenhaus gearbeitet und mich hinterher in einer Jugendfreizeitstätte um die kaufmännischen Angelegenheiten gekümmert.
Ich hatte viel Spaß daran und das war der Grund, mich für dieses Studium zu entscheiden. Irgendwann habe ich die fachliche Enge gemerkt und wechselte zum Bochumer Modell, welches VWL und BWL kombiniert. Das habe ich dann zusammen mit dem Fach Geschichte studiert. Damals war ich politisch sehr interessiert und auch sehr links ausgerichtet. Während des Studiums habe ich inhaltlich viel aufgearbeitet und dadurch Positionen gewechselt. Bei meiner Verabschiedung wurde mir gesagt, dass ich ziemlich rot reingekommen und liberaler wieder rausgegangen bin.
Ganz besonders hat mich in dieser Hinsicht mein akademischer Lehrer Paul Klemmer geprägt. Damals wurde die VWL von Leuten wie Milton Friedman und den Monetaristen dominiert. Die Denke war sehr marktradikal ausgerichtet. Paul Klemmer war jemand, der sehr sozial war und aus der katholischen Soziallehre kam. Er hat viel Konkretes zur Sprache gebracht, das in marxistisch orientierten Gruppen in Bochum diskutiert wurde. Zum Beispiel: Wie muss eigentlich ein Sozialsystem aussehen? Was bedeutet es, wenn man das Arbeitslosengeld für ein oder zwei Jahre bekommt und danach runtergestuft wird?
Ich würde mir vielleicht das BWL-Studium schenken. Wenn ich gleich an die Uni gegangen wäre, wäre das Studium kürzer gewesen und ich hätte schneller in die Forschung gehen können. Aber ich war schon immer ein bisschen vorsichtig. Meine schulische Karriere war jetzt nicht so, dass abzusehen war, dass ich Professor werden könnte. Dieses Interesse an Wissenschaft und Forschung kam eigentlich erst während des BWL-Studiums.
Wenn man für das Fach brennt, dann soll man es natürlich auch studieren. Dennoch sollte man schnell prüfen, ob es einem auch liegt. Das heißt, wenn ich in einem VWL-Studium in den Matheklausuren scheitere oder in Mikro und Makro mit einer 4 rauskomme, dann würde ich mich fragen, ob das das Richtige für mich ist. Aber das Wichtigste: Man muss viel hinterher sein, denn im Endeffekt läuft alles im Studium über Fleiß.
Zu Beginn meines Studiums hatten wir unsere Fachschaft, die in der ersten Woche Leute empfangen hat. Mit Kommilitonen haben wir eine Lerngemeinschaft gebildet und sind bis zum Ende des Studiums zusammengeblieben. Damals wurden Vorlesungen nicht aufgezeichnet und deshalb mussten wir unsere Notizen immer untereinander teilen.
Ich glaube, das Studium als Einzelkämpfer zu bestreiten, ist der schlechteste Weg. Man lernt gemeinsam viel besser. Das war für mich persönlich der Schlüssel des Erfolgs und ich hoffe, dass wir das nach der Coronapandemie wieder hinkriegen.
Tatsächlich, in meinen beiden Gebieten: Umwelt- und Regionalökonomik. Ich bin dort aktuell auch in den zwei wissenschaftlichen Ausschüssen aktiv. Der eine beschäftigt sich mit den Themen der Umweltökonomik und der andere mit den Themen der Regionalpolitik. Dadurch bleibe ich immer am Ball und bekomme mit, wie Nachwuchswissenschaftler die Forschung momentan prägen.
Beispielsweise hatten wir mal ein größeres Zukunftsprojekt für den Regionalverband Ruhr für das Jahr 2027. Wir sollten analysieren, wie sich der Zufluss von ein paar Millionen Euro in verschiedene Ruhrgebietsstädte auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte. Hier musste ich feststellen, dass Input-Output-Modelle, die ich zum letzten Mal im Studium mal verwendet habe, nicht hilfreich waren. Die Auseinandersetzung damit hat mich viele Tage und Wochenenden gekostet. Am meisten Zeit und Kraft nimmt grundsätzlich die methodische Weiterentwicklung in Anspruch.
Inhaltlich besteht darin die Herausforderung die Aufmerksamkeit auf bestimmte Bereiche der Umweltpolitik zu lenken, die etwas außerhalb des Klimaschutzes liegen. Vorranging zu nennen sind Themen wie Biodiversität und die Frage nach einer umweltgerechten Landnutzung - Wie soll die Landwirtschaft eigentlich gestaltet werden? Es gibt kaum einen Beitrag, der sich nicht mit Klimaökonomik beschäftigt, was ich sehr richtig finde. Es gibt aber noch ein paar Bereiche, die auch sehr wichtig sind und die mehr beleuchtet werden müssen.
Also, was ich gerne gemacht habe und worauf ich besonders stolz bin, ist meine Dissertation, die sich mit Umweltproblemen der Landwirtschaft beschäftigt. Diese war eine Modellierung für folgendes Problem: Ein Landwirt nutzt eine bestimmte Fläche und ein Wasserwerk nutzt denselben Grundwasserraum. Die Agrarproduktion führt dazu, dass Nitrate und Pflanzenschutzmittel eingetragen werden, wodurch die Qualität des Wassers abnimmt. Dafür habe ich eine Verhandlungslösung untersucht, die in einigen Bereichen tatsächlich Eingang in die Praxis gefunden hat, sodass Landwirte und Wasserwerke sich dann verständigt haben.
Ein weiteres Projekt, welches wir gemeinsam mit der Gesellschaft für Regional- und Finanzanalyse aus Münster umgesetzt haben, war ein Gutachten, welches sich mit der Zukunft der Regionalpolitik in Deutschland beschäftigt. Wenn man jetzt auf die Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums geht, findet man das Gutachten dort fast eins zu eins übernommen. Dass man nach fast zwei Jahren Arbeit so überzeugend agieren konnte, darüber freut man sich natürlich sehr. Ich spreche da aus Erfahrung, dass nicht von allen Projekten, die Vorschläge so übernommen werden.
Die erste Veränderung war die Vorlesungen aufzuzeichnen. Genauso musste ich erstmal lernen, einfach weiterzumachen, wenn man sich verhaspelt, anstatt immer wieder neu anzufangen. Das ist normal, wir sind alle keine Schauspieler und mussten das erstmal lernen.
Die zweite wichtige Erfahrung war die Nutzung von Videoaufzeichnungen. Ich habe realisiert, dass man sich an den Erfahrungen aus der Präsenzlehre orientieren muss, um die Materialien angepasst an die bekannten Schwierigkeiten der Studenten zu präsentieren.
Ich würde das Prinzip der Videoaufzeichnung eigentlich zu jeder Veranstaltung gerne beibehalten. Mindestens bei den Grundlagen, weil sich dort kaum etwas verändert. Genau so würde ich das auch mit den Seminaren machen, um Vorträge auch im Nachgang verfügbar zu machen. Auch das Prinzip der digitalen Sprechstunde würde ich beibehalten, weil es die Terminfindung vereinfacht.
Ich denke, wir müssen die Grundlagenveranstaltungen mehr digitalisieren und den Fokus mehr auf das Lernen in kleinen Gruppen legen. Damit kann man oft mehr erreichen.
Eigentlich sehe ich das nicht so. Ich denke, es gibt verschiedene wichtige Bereiche, das lässt sich am Beispiel der Makroökonomik während der Finanzkrise deutlich erkennen. Die Umweltpolitik sehe ich ebenfalls als einen sehr wichtigen Bereich, weil es da um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen geht. Wenn wir uns auf lange Sicht nicht mit den Problemen des Regenwaldes und der Subsahara beschäftigen, dann sehe ich wirklich schwierige Zeiten vor uns. Irgendwann wird Klimaanpassungspolitik allein nicht mehr ausreichen.
Im Bereich der Regionalökonomie bin ich der Meinung, dass uns wirtschaftliches Wachstum nach vorne bringt. Die Verteilung des regionalen Wachstums ist eine sehr wichtige Komponente für die Verbesserung der Situation der Menschen.
Ja, Borussia Dortmund. Meine Frau und ich haben uns vor 15 Jahren Dauerkarten geholt und jetzt ist sie sogar noch ein größerer Borussia Fan als ich. Außerdem ist das Stadion in Dortmund mit der Südtribüne besonders schön.
Auf jeden Fall. Das Allerschönste in dem Beruf ist, dass ich, abgesehen von den Sprechstunden oder Professorien, zum einen meine Zeit frei einteilen kann und zum anderen relativ frei entscheiden kann, womit ich mich beschäftigen möchte. Das ist ein sehr großes Privileg. Vor allem, nachdem ich habilitiert war und meine erste Stelle an der Uni in Bonn bekommen habe, konnte ich die Arbeitsintensität auf ein normales Maß zurückfahren. Dann hatte ich auch wieder genug Freizeit, um zum Beispiel mal in den Urlaub zu fahren. Davor musste ich viel mehr und viel härter arbeiten, anders hätte ich mich gegen die vielen Bewerber nicht durchsetzen können.