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5. Juli 2022

Warum Erdgas keine Brückentechnologie ist

Eine Studie zeigt: Der Ausbau der Erdgasinfrastruktur gefährdet die Energiewende.

Der Ausbau der Erdgasinfrastruktur stellt ein Risiko für die Energiewende dar, da Erdgas keine Brückentechnologie hin zu einem 100 Prozent erneuerbaren Energiesystem im Sinne des Pariser Klimaabkommens ist. Das ist das Ergebnis einer Studie eines deutschen Forschungsteams, die am 4. Juli 2022 in der Zeitschrift Nature Energy erschienen ist. Die Forschenden beleuchten die Erdgasfrage aus fünf Perspektiven und stellen dem Gas eine vergleichbar schlechte Klimabilanz aus wie Kohle oder Öl und weisen auf Risiken hin, die die Energiewende verzögern. Sie empfehlen Politik und Wissenschaft, die aktuellen Annahmen über Erdgas zu überarbeiten.

Energiekrise ist nur die eine Seite des Problems

Erdgas ist weder sauber noch sicher, so das Fazit des Teams. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Klimabilanz der Erdgasnutzung erheblich unterschätzt und nicht vollständig berücksichtigt wird. Das Problem ist nicht nur das CO2, sondern das stark wirksame Treibhausgas Methan, das entlang der kompletten Wertschöpfungskette von Erdgas, zum Beispiel durch bewusstes Ablassen und Abfackeln oder Leckagen, in die Atmosphäre entweicht.

Das Narrativ der Brückentechnologie ist irreführend

Zudem stellen die Forschenden wirtschaftliche Risiken der Erdgasnutzung fest. „Investitionen in fossile Energieinfrastruktur zementieren fossile Pfadabhängigkeiten und Emissionen für Jahrzehnte“, unterstreicht Franziska Hoffart. „Es entstehen Klimarisiken und fossile Pfadabhängigkeiten, die den Ausstieg aus der fossilen Energie und den Aufbau eines zu 100 Prozent erneuerbaren Energiesystems verzögern. Infrastruktur, die nicht kompatibel mit den Klimazielen ist, droht eine frühzeitige Stilllegung mit ökonomischen Verlusten.“

Fünf Maßnahmen

Die Wissenschaftler*innen schlagen fünf Maßnahmen vor, um diese Risiken zu vermeiden:

  • Das Management der Methanemissionen in der gesamten Erdgas-Wertschöpfungskette
  • Die Überarbeitung der Annahmen von Szenarioanalysen anhand neuer Forschungserkenntnisse über Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit Erdgas
  • Das Ersetzen des Narrativs der Brückentechnologie durch eindeutige und entschlossene Dekarbonisierungskriterien
  • Die Vermeidung zusätzlicher Erdgas-Lock-Ins und Methanlecks
  • Die ernsthafte und strikte Einbeziehung klimabezogener Risiken bei der Energieinfrastrukturplanung

Das Paper richtet sich nicht nur an die wissenschaftliche Community, sondern insbesondere auch an Regierungen: Die klima- und geopolitische Energiekrise um fossile Brennstoffe unterstreicht die Notwendigkeit eines zeitnahen und konsequenten Erdgasausstiegs, der gesamtgesellschaftlich zu organisieren und umzusetzen ist. Das Besondere an der Arbeit ist die Kombination unterschiedlicher Perspektiven zu einem ganzheitlichen Blick auf die Thematik. Sie war den Forschenden durch ihren vielfältigen Hintergrund in Ökonomik, Wirtschaftsingenieurwesen, Politik und Ethik möglich.

 

Zur Person

Aus der RUB an dem Paper beteiligt ist Franziska Hoffart. Sie hat Ökonomik, Philosophie und Politik an der Universität Bayreuth, der Stellenbosch University, der Tonji-University Shanghai und der RUB studiert. Zurzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Makroökonomik der RUB und hat dort ihre Doktorarbeit Ende Juni 2022 eingereicht. Seit Juli ist sie zusätzlich am Centrum für Umweltmanagement, Ressourcen und Energie CURE tätig und erhält im Rahmen des Transition Grants eine Förderung für den Abschluss der Promotion und frühen Post-Doc-Zeit.

Franziska Hoffart forscht aus einer ökonomischen und interdisziplinären Perspektive zu Thmen der Energiewende, der Klimakrise und der sozial-ökologischen Transformation zu einer nachhaltigen Zukunft. Genauer gesagt beschäftigt sie sich mit Mitigation im Energiesektor mit Fokus auf Wasserstoff, ökonomische Klimarisiken, Szenarioanalyse und der Verantwortung von Ökonom*innen bei der Bewältigung der Klimakrise.

Kooperationspartner

Die Studie wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Leuphana Universität Lüneburg in Zusammenarbeit mit Franziska Hoffart von der der Ruhr-Universität Bochum, Fabian Präger von der Technischen Universität Berlin und Isabell Braunger und Hanna Brauers von der Europa-Universität Flensburg erstellt.

 

Quelle