Student erforscht virtuelle Vertriebswelten
Längst schon haben Virtual und Augmented Reality die Welt der Science-Fiction verlassen. Stattdessen bieten die Technologien vielfältige und teils noch unerforschte Einsatzmöglichkeiten – auch im Vertrieb. Daniel Schachtsieck widmet sich in seiner Bachelorarbeit diesem unausgeschöpften Potenzial. Mit seinen neuen Erkenntnissen schaffte es der Student in die aktuelle Ausgabe der Junior Management Science. Das wissenschaftliche Journal der Universität München veröffentlicht regelmäßig herausragende Abschlussarbeiten aus der Betriebswirtschaftslehre.
Persönlicher Kontakt trotz Virtualität
Die Idee, die Abschlussarbeit seines Management-and-Economics-Studiums an der Ruhr-Universität Bochum über das Thema Virtual und Augmented Reality im Vertrieb zu schreiben, kam Daniel Schachtsieck während der Covid-19-Pandemie. Mit einem Mal brach der für den Vertrieb so wichtige persönliche Kundenkontakt weg. Als Bindeglied zwischen Produkt und Kundschaft waren Vertriebe gezwungen, digitale Alternativen zu finden. Wie Vertriebe persönliche Beziehungen trotz zunehmender Virtualität aufbauen können, war schließlich die Frage, die Daniel Schachtsieck entscheidend faszinierte.
Unternehmen berichten aus der Praxis
Das Potenzial von Virtual und Augmented Reality für Verkaufsprozesse ist bisher noch kaum wissenschaftlich erforscht. Informationen suchte Daniel Schachtsieck deshalb größtenteils direkt bei Experten aus der Praxis. Ziel war es, durch Interviews mit Vertrieblern aus unterschiedlichen Unternehmen und unterschiedlichen Branchen eine Vielzahl an Eindrücken und Perspektiven zu gewinnen. „Ob frische Innovation oder schon länger marktreif, entscheidend war, dass die Interviewpartner praktische Berührungspunkte mit der Technologie aufweisen“, so der Student. Von Vorteil sei bei diesem Vorgehen auch die Strahlkraft und das gute Netzwerk des Sales-Management-Lehrstuhls gewesen. „Ich hatte kaum Probleme, Vertriebler für ein Interview zu gewinnen. So war sogar ein Vertriebsleiter, dessen Unternehmen für ganz Europa tätig ist, bereit, mit mir zu sprechen“, berichtet Daniel Schachtsieck weiter.
Verbessertes Produkterlebnis
Die Gespräche zeigten schnell, dass nicht jede digitale Lösung für jedes Unternehmen oder jeden Vertriebsbereich den gleichen Nutzen birgt. So sind VR- und AR-Technologien zwar mit hohen Investitionen verbunden, bringen im Baugewerbe allerdings Einsparungen. „Kundinnen und Kunden können mittels VR-Brillen Gebäude begehen, die noch im Entstehen sind. Auch Firmen bekommen im Vorfeld die Möglichkeit zu überprüfen, ob sich bestimmte Projekte tatsächlich auf einem Grundstück realisieren lassen“, erklärt Daniel Schachtsieck.
Augmented Reality, bei der die reale Welt nur mit einzelnen virtuellen Objekten angereicht wird, wird häufig als virtuelle Anleitung für Werkzeuge und Maschinen genutzt. Beide Technologien erlauben eine anschaulichere Darstellung der Produkte und Dienstleistungen. Auch das Produkterlebnis wird durch VR- und AR-Technologien verbessert und individualisiert.
Für Vertriebler ist es wichtig, schwarz auf weiß eine Umsatzsteigerung erkennen zu können.
Trotz erkennbarem Mehrwert haben bisher nur wenige Vertriebe in Deutschland Augmented und Virtual Reality eingeführt. Ein Grund dafür sei, laut Daniel Schachtsieck, dass der Einfluss von VR- und AR-Technologien auf die Kaufentscheidung der Kundinnen und Kunden nicht isoliert messbar sei. „Für Vertriebler ist es wichtig, schwarz auf weiß eine Umsatzsteigerung erkennen zu können. Noch gibt es keine Kennzahlen, mit denen man den Nutzen der Technologie verlässlich messen kann“, erklärt er. Außerdem müssten sich Vertriebler sicher sein, dass die neue Technologie auch von der Kundschaft erwünscht und angenommen werde.
Bei den Führungskräften stelle vor allem das Alter ein Hemmnis dar. Viele wollen, so der Student, kurz vor der Rente herkömmliche Prozesse nicht umändern. Durch den demografischen Wandel zeichne sich jedoch eine Trendwende ab. Junge Berufseinsteigende sowie jüngere Kundinnen und Kunden begegneten neuen Technologien zunehmenden offener.
Für mehr als die Schublade schreiben
Daniel Schachtsiecks Interesse an neuen Forschungsbereichen wurde mit der Publikation seiner Abschlussarbeit belohnt. „Man gibt sich so viel Mühe beim Verfassen der Arbeit und dann verschwindet sie in der Schreibtischschublade. Mir war es wichtig, mit meiner Arbeit einen wissenschaftlichen Mehrwert zu schaffen“, sagt der Student. Von der Möglichkeit, seine Bachelorarbeit bei dem Junior Management Science Journal einzureichen, habe er durch seinen Lehrstuhl erfahren. Dass sein Thema eine große Relevanz besitze, befanden auch die zwei fachgebietsspezifischen Forschenden, die seine Arbeit bewerteten und für die Publikation vorschlugen. Auch in seinem aktuellen Masterstudium Sales Management sind technische Innovationen im Vertrieb das dominierende Thema. „Das zeigt mir, dass meine Arbeit sinnvoll war“, hält Daniel Schachtsieck fest, und plant bereits, seine bevorstehende Masterarbeit ebenfalls bei einem Journal einzureichen.